Heinz Rudolf Kunze - Messerschnitt

Sie kommen in tarngrünen Scharen,
es stampfen die forschen Knochen.
Sie kommen seit wenigen Jahren,
und mindestens alle drei Wochen.

Sie grölen ihr Deutschland erwache,
und Abrechnung stünde bevor.
Ich achte drauf, daß ich nicht lache.
Ich hab nicht ganz ihren Humor.

Messerschnitt,
die Kinder wollen alle nur noch Messerschnitt.
Sie bringen immer neue Kameraden mit.
Der Messerschnitt verfolgt mich schon auf Schritt und Tritt,
sie wollen Messerschnitt.

Noch gar nicht so lange vergangen,
die Zeit der verwilderten Mähnen.
Frisör? Was für Alte. Für Spießer mit Falte.
Für Freaks was zum Kichern und Gähnen.

Ich schneide und wasch und bediene
nur selten noch türkische Kunden.
Ich hab kaum noch freie Termine.
Ich hab doch die meisten sympathisch gefunden ...

Messerschnitt,
ein radikaler, ein totaler Messerschnitt,
der ungeschlagne, nackt getragne Modehit,
und langsam machen selbst versprengte Hippies mit.
Sie wollen Messerschnitt.

Sie fragen nach meiner Gesinnung
und stinken nach Bier vor dem Spiel.
Sie dröhnen: Wir säubern die Innung!
Ich rede beim Schneiden nicht viel.

Sie kommen in tarngrünen Scharen,
es stampfen die forschen Knochen.
Sie kommen seit wenigen Jahren,
und mindestens alle drei Wochen.

Messerschnitt,
sie glauben, daß ihr Führer nach Walhalla ritt.
Ein Wunder, daß das Messer mir noch nie entglitt.
Die Kinder wollen alle nur noch Messerschnitt,
sie wollen Messerschnitt.