Heinz Rudolf Kunze - Ophelia

Und sie steht am Teich
und sie schaut hinein
in ihr bleiches Spiegelbild
und sie beugt sich vor
und ihr heißes Herz
schlägt bis in den Hals so wild

Es wird alles gut
hat er ihr geschworn
ich krieg mich in den Griff
und der Teich verschluckt
ein Lindenblatt
wie ein sturmgeweihtes Schiff

Sie hat viel zu lang gewartet
auf den Mann der still verbrennt
mach den harten Schnitt
nimm die Liebe mit
sagt ihr jeder der sie kennt
dieser Tod in seinen Augen
war vom ersten Kuß an da
Traurigkeit nur bleibt Ophelia

Er bezaubert sie
wenn er "Nichtsein" sagt
wenn er mit dem Schädel spielt
daß es jedesmal
nur sein eigner war
hat sie immer schon gefühlt

Sie hat so gehofft
daß er sie erkennt
daß der Schleier endlich reißt
ihr war ganz egal
ob er schwimmt im Gold
oder ob er Hamlet heißt

Seit der ersten Frühlingsblüte
war sie seine wahre Braut
sie war schön und scheu
unbeirrbar treu
doch sie hat auf Sand gebaut
diesem Mann ist nicht zu helfen
ihre Hand ist doch so nah
Traurigkeit nur bleibt Ophelia

Sie hat viel zu lang gewartet
sie war übermenschlich stark
hielt ihn fest und wach
doch er war zu schwach
und kein Prinz von Dänemark
deine Liebe ist das Leben
also sag zum Leben Ja
tapfre Königin Ophelia

Traurigkeit nur bleibt Ophelia