Heinz Rudolf Kunze - Der Wald vor lauter Bäumen

Salziger Wind in den Augen
senkrechte Hitze im Haar
alle die irgendwas taugen
fragen sich wie es mal war

Fragen sich wie es wohl sein wird
ob was so bleibt wie es ist
ob dies Jahrhundert zum Schein wird
wenn man sein Feuer vergißt

Dem Wimpernschlag ein Jagdrevier
aus endlos nahen Räumen
er zeigt sich nur dem Fabeltier
der Wald vor lauter Bäumen

Fauligen Dunst in den Nüstern
schale Besorgnis im Mund
glaub mir ich kann dir was flüstern
davon wird keiner gesund

Hinter dem Ende der Kriege
unter der Nutzlast des Glücks
schlachten wir Gott eine Ziege
waschen die Hände im Styx

Wovon die Priester trunken sind
die Philosophen träumen
früh ausgetrieben meistem Kind
der Wald vor lauter Bäumen

Wir sind die trostlosen Erben
fluchbeschwert schlingert das Schiff
längst schon unzählig die Kerben
glühend der Lauf überm Griff

Sind wir verdammt zum Gedenken
sind wir geboren zum Sehn
flügellahm unter Geschenken
Toter die uns überstehn

Seitdem die Schlange uns verhieß
daß wir dort nichts versäumen
erstreckt sich erst im Paradies
der Wald vor lauter Bäumen